Feuer- und Rettungswache 1 - Mitte
Von den Anfängen am Fleischerplatz
Vier Feuerwehrmänner und ein Oberfeuerwehrmann bezogen am 1. März 1865 in der Südwestecke des Fleischerplatzes zwischen den damaligen Fleischbänken und dem Naundörfchen ein altes Fachwerkgebäude als ständige Feuerwache, wie auch an vier weiteren Standorten im Bereich der heutigen Innenstadt. Die Berufsfeuerwehr Leipzig war gebildet.
Über die Lebensbedingungen in dem kleinen, direkt am Ufer des Pleißemühlgrabens gelegenen Feuerwehrgebäude liegen keine Informationen vor. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die Einrichtung ziemlich spartanisch war.
Am 1. Oktober 1881 wurde an der Stelle des alten Feuerwehrdepots ein nach Plänen des Leipziger Architekten Max Bösenberg erbautes, gelbes Backsteingebäude in Betrieb genommen. Damit verbesserten sich auch die Lebensbedingungen der Feuerwehrmänner.
Links neben dem Haupteingang befand sich der zwölfständige Pferdestall. Hier waren vier Paar Pferde eingestellt, die zur Bespannung der schweren Dampfspritze von der Leipziger Spritzenfabrik und Glockengießerei Jauck, des Mannschafts- und Gerätewagens und der mechanischen Leiter notwendig waren. In der ersten Etage über dem Pferdestall lag der Mannschaftsraum. In dem hielten sich die Feuerwehrleute tagsüber auf, wenn sie nicht gerade bei Exerzierübungen, der Gerätepflege oder "Leibesübungen", wie damals der Dienstsport genannt wurde, im und vor dem Gebäude tätig waren. Daneben befand sich straßenseitig das Telegrafenzimmer. Die Wohnung des Branddirektors nahm den Mittelbau und den linken Seitenflügel der zweiten Etage ein, während in der dritten Etage das Büro und zwei Brandmeisterwohnungen sowie hofseitig die Futterkammern eingerichtet waren.
Im Durchgang mit der Treppe aus Granit waren beidseitig die Wachräume angeordnet. Rechts nahm der Geräteraum die ganze Tiefe des Gebäudes ein. Darüber befanden sich in der ersten und zweiten Etage die großen Schlafsäle der Mannschaft. Die rechte Gebäudeseite ist unterkellert. Dort waren die Wirtschafträume und die Schlauchwäsche sowie wasserseitig die Wasch- und Baderäume der Mannschaft untergebracht. Im Flachbau an der rechten Gebäudeseite wurden Fahrzeuge und Geräte untergestellt. Im Hof gab es einen hölzernen Steigerturm, der an die Fassade gebaut war.
Am 02.04.1907 ging hier der erste Elektromobillöschzug der Feuerwehr Leipzig in Betrieb. Ursprünglich war geplant, diesen auf der Nordfeuerwache zu stationieren, die am selben Tag in Betrieb ging. Unglücklicherweise verfügte die neue Wache jedoch nicht über einen dringend notwendigen Starkstromanschluss und so wurde die neueste Generation der Technik im Zentrum postiert.
Vom 2. Weltkrieg bis zur Wende
Nach fast 50 Jahren Betrieb reichten die Anforderungen an eine Feuerwache nicht mehr aus. Benzingetriebene leistungsfähige Löschfahrzeuge hatten die alten Dampfspritzen abgelöst. Die Feuerwehrmänner arbeiteten und lebten unter engen, katastrophalen Bedingungen. Sie mussten die wenigen Betten abwechselnd nutzen. Die Toiletten (Plumpsklosetts) befanden sich auf dem Hof.
Im Jahr 1930 erfolgte dann der erste große Umbau: Die Wache wurde vergrößert und um eine Etage aufgestockt. Ebenso erhielt die Fahrzeughalle neue Tore und die gesamte Fassade ein neues Aussehen, welches bis heute gleich geblieben ist. Unter Beibehaltung der alten Geschosshöhen setzte man im Prinzip die Feuerwache nochmals in gleicher Breite daneben. Es entstand eine für die damalige Zeit moderne, großzügig gestaltete Feuerwache.
Im Erdgeschoss waren die Fahrzeuge untergebracht. Im Lichthof des "Neubaus" befand sich eine Tankstelle, die man durch das rechte Gleis der großen Fahrzeughalle erreichen konnte. Die rechte der drei Fahrzeughallen war den Rettungswagen der Feuerwehr vorbehalten. Die Feuermeldezentrale sowie Aufenthalts-, Schlaf- und Waschräume der Feuerwehrmänner lagen in der ersten und zweiten Etage. Die dritte Etage nahmen hauptsächlich Büros ein, denn die Aufgaben der Feuerwehr waren mittlerweile sehr umfangreich geworden.
Den 2. Weltkrieg überstand die Hauptfeuerwache ohne größere Schäden. Mitte der 50er Jahre wurde die Pleiße hinter der Feuerwache verrohrt und der Hof auf das Areal des zerstörten Nauendörfchens erweitert. Man errichtete an der Westseite des betonierten Hofes ein langgestrecktes Werkstatt- und Garagengebäude. Ende der 70er Jahre erfuhr die Hauptfeuerwache im Inneren punktuell eine Rekonstruktion.
Nach der Wiedervereinigung
Nach der politischen Wende 1989 gab es wieder einige Veränderungen. Neben einer Vielzahl an neuer Fahrzeugtechnik erfolgte im August 1991 die Inbetriebnahme der neuen Feuer- und Rettungsleitstelle nach Bundesdeutschem Standard.
Mit den Jahren wurde das Aufgabenspektrum immer größer: Seit 1994 werden alle Feuerlöscher der Branddirektion zentral in der eigenen Feuerlöscherwerkstatt im Innenhof gefüllt, geprüft und gewartet. Im Jahr 1996 wurde die Desinfektion eingebaut. Pünktlich zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 erfolgte dann abermals der komplette Neuaufbau einer modernen Leitstelle. Diese zog nun in die zweite Etage. Der dadurch freigewordene Raum wurde für die Disposition der Krankentransporte hergerichtet. Im Jahr 2012 zog die Bekleidungs- und Ausrüstungskammer, welche seit 1990 hier ihren Sitz hatte, in die Feuerwache West um. Nach einigen Umbauarbeiten konnten anschließend einige neue Büroräume in der "alten Kammer" bezogen werden.
Heute
Mit der Inbetriebnahme der Integrierten Regionalleitstelle Leipzig am 27.01.2016 auf der Feuerwache Südwest endete die Ära der Notrufannahme auf der Hauptwache.
Dies war der Beginn von großen Veränderungen: Zum Jahresende 2017 verließ auch die Zentralwerkstatt, in der seit jeher alle Feuerwehr- und Rettungsdienstfahrzeuge gewartet und repariert wurden, ihre Hallen und zog ebenfalls auf die Feuerwache Südwest um. Der Grund war so einfach wie schon lange herbeigesehnt: Der Stadtrat hatte der Sanierung der Hauptwache zugestimmt. Für über 19 Millionen Euro war der Baubeginn bereits für November 2017 gesetzt. Nach und nach leerte sich ebenfalls die dritte Etage, in der sich die komplette Verwaltung der Branddirektion befand. Diese ist seitdem in der Messehalle 13 auf dem Alten Messegelände untergebracht.
Zu guter Letzt wurden die meisten Einsatzfahrzeuge auf andere Wachen verteilt, so dass hier neben dem Rettungsdienst nur noch eine sogenannte Ersteinheit, bestehend aus einem Löschfahrzeug und einer Drehleiter, untergebracht ist. Die Fahrzeuge stehen während der Bauphase in den Garagen auf dem Innenhof. Eine aus Containern errichtete Interimswache dient der Mannschaft als Unterkunft. Neben Ruhe- und Aufenthaltsräumen gibt es auch Büros, Sanitärräume und natürlich eine Küche.
Was sich auf der alten Hauptwache übrigens seit 1930 bis zum Auszug der letzten Kollegen nicht geändert hatte, war der große Schlafsaal, der über 60 Betten fasste, und die originalen Rutschstangen aus Messing, die hinter den alten Holztüren auf ihren Einsatz warteten.
Die Feuerlöscherwerkstatt
Nach wie vor ist im Nebengäude auf dem Innenhof die Feuerlöscherwerkstatt der gesamten Branddirektion untergebracht. Hier werden durch die Gerätewarte die über 700 im Umlauf befindlichen Feuerlöscher geprüft, gewartet und nach Einsätzen neu befüllt. Dafür mussten die Kollegen spezielle Schulungen bei den verschiedenen Herstellern durchlaufen.
Die tragbaren Löscher sind auf alle Fahrzeuge und Gebäude der Branddirektion verteilt und müssen im Rythmus von spätestens zwei Jahren zur Durchsicht.